MS Dockville - Drei Tage Matschentanz

Das Dockville im Hamburger Hafen erfüllt jedes Jahr genau die Ansprüche, die die Hansestadt auch an sich selber hegt: Geschmackvoll, stylish, hip und etwas anders zu sein. Und auch in einem anderen (leidigen) Punkt ist das Festival sehr hamburgisch: in Sachen Wetter.

Sicher: Regen gehört zu Hamburg wie der BVB zu Dortmund. Aber warum das Dockville, obwohl es stets im Hochsommer stattfindet, fast jedes Mal komplett ins Wasser fallen muss, bleibt dennoch das Geheimnis eines ungnädigen Wettergotts. Schön jedoch zu sehen, dass das ziemlich junge und sehr begeisterungsfähige Publikum sich davon die Laune nicht verderben lässt. Im Gegenteil: Man hat den Eindruck, dass dadurch nur umso hemmungsloser gefeiert und im knöchelhohen Matsch getanzt wird.

Und so beginnt das 11. Dockville gleich mit einem fulminanten Startschuss und dem Auftritt absoluter Senkrechtstarter, die in ihre Heimat ordentlich rocken: Meute, eine Marching-Band, die Technoklassiker nachspielen und damit eine immense Energie verströmen. Die Marke ist gesetzt: Hier geht in den nächsten drei Tagen so ziemlich alles, was hip, speziell und in vielen Fällen auch künstlerisch recht anspruchsvoll ist. Neben Headlinern wie Flume, Mighty Oaks, Moderat und Glass Animals, die das Publikum allesamt zum Beben bringen, gibt es daher auch herrliche ruhigere Töne am Nachmittag. Wie etwa das Londoner Duo Oh Wonder, das mit Josephine Vander Guchts kristallklarer Stimme im Wechselspiel mit wundervoll sphärischen Klaviertönen die Besucher in den Bann zieht. Auch hier gießt es mal wieder in Strömen, aber der Stimmung tut dies zu keiner Zeit einen Abbruch.

Dieser Wunsch des Auskostens des gebotenen Programms lässt sich die gesamte Zeit über feststellen. Auch nach den Headlinern Annenmaykantereit, die wie gewohnt für eine romantisch-lyrische Stimmung sorgen, leert sich das Gelände nicht. Es wird noch lange munter auf der künstlerisch angelegten Seite zu elektronischen Beats weitergemosht. Damit geschieht auf dem Dockville genau das, was der geneigte Festivalbesucher bestenfalls erwartet: Neben den persönlichen Lieblingsbands im Vorbeigehen immer wieder unbekannte Klänge zu hören und sich dort spontan mitreißen zu lassen. So geschehen zum Beispiel bei dem australischen Künstler What So Not, der seine elektronische Musik mit Balladen kombiniert und das Risiko eingeht, ins kitschige abzugleiten. Allerdings gelingt es ihm, immer wieder durch akzentuierte Rhythmen, harte Bässe und durchbrochen von Hiphop-Beats Überraschungsmomente zu erzeugen.

Nur ein Beispiel, das den Wesenskern dieses Festivals definiert: Durch Musik jeglicher Couleur die Schönheit des Lebens und der Vielfalt moderner Musik wahrzunehmen und dieses zusammen mit Tausenden anderen begeisterten Festivalbesuchern zu feiern. Wie man dann selbst noch Sonntag Nacht erleben kann, als die Hamburger Lokamatadorin Magdalena den Maschinenraum mit maximaler Wucht und einem funky Hüftschwung in Schutt und Asche legt. Schweren Herzens verabschieden wir uns kurz vor dem Hellwerden von den vielen Tausend noch immer Feiernden und trollen uns heim. Schließlich klingelt gleich schon wieder der Wecker und ruft uns zurück in den Arbeitsalltag.

Ilka Rückert

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