Punk In Drublic Köln - Punkrock und Popoklatschen

Das Punk In Drublic Festival hat Station in Köln gemacht - und wir waren beim ausgelassenen Punk-Wanderzirkus von NOFX-Chef Fat Mike mit dabei.

Less Than Jake haben noch gar nicht richtig angefangen, da erspähen sie den Mann mit dem riesigen roten Mohawk in der Menge. "Du da, komm mal hoch auf die Bühne!" ruft der Frontmann dem Fan zu - und bevor man richtig weiß, was los ist, tanzt der Iro-Träger mit einem anderen auffällig frisierten Kollegen auf der Bühne Walzer, während die Band ihren unkaputtbaren Ska-Punk so souverän abfeuert, wie schon vor 20 Jahren.

Das zeigt ganz gut, was man beim im vergangenen Jahr erstmals nach Europa gekommenen und nun wieder aufgelegten Punk In Drublic Fest bekommt: Eine Nostalgie-Veranstaltung - nicht umsonst sieht man mittlerweile mehr graue als bunte Haare - für die 80er- und 90er-Jahre des Punkrock, aber eben eine, die genau jenen Funken Unberechenbarkeit mitbringt, den ein Event braucht, das das Wort "Punk" im Namen führt.

Ob der ausverkaufte Kölner Tanzbrunnen wirklich auf die Invasion der Punker vorbereitet ist, darf man zumindest leise anzweifeln: Das Publikum knubbelt sich vor der Bühne und den umliegenden Ständen, während hinten Leere herrscht, an den Bierständen kommen die Mitarbeiter kaum gegen den Durst des Publikums an, und weil hier wegen der Anwohner um 22 Uhr das Festival durch sein muss, werden etwa die beginnenden The Bombpops noch vor dem geplanten Ende ihres Sets von der Bühne komplimentiert; es wird überhaupt sehr zackig von Band zu Band gewechselt, was sich teils im nicht optimalen Sound niederschlägt.

Dem Spaß an der Veranstaltung tut das keinen Abbruch, auch, weil der Rahmen stimmt: Neben Kölsch wird tatsächlich auch das im Festival-Untertitel versprochene Craft Beer ausgeschenkt, am Fat-Wreck-Stand kann man am Unglücksrad drehen und Mayo- und Chili-Shots ergattern oder sich unter den strengen Augen von Fat Mike von Dominas fesseln und den Hintern versohlen lassen, und mit Kein Bock auf Nazis sind auch wichtige und passende NGOs mit einem Stand vor Ort.

Ein gutes Umfeld also für Anti-Flag, die sich gar nicht erst lange bitten lassen und direkt zum Start ihren Über-Hit "You've Gotta Die For The Government" raushauen, dann ihren üblichen von Schlacht- und Einigkeitsaufrufen durchzogenen Polit-Punk abfahren und am Ende mal wieder samt Schlagzeug mit ihren Instrumenten ins Publikum abtauchen.

Darauf bauen Lagwagon eine grundsolide und druckvolle Punkrock-Show auf, aber so langsam spürt man schon den Atem der Headliner im Nacken der anderen Bands - gegen die Granden Bad Religion und NOFX kommen die anderen guten Bands auch heute noch nicht in der Publikumsgunst an.

Erstere machen auch zügig klar, warum: Frontmann Greg Graffin mag mit seinem weißen Haarrest optisch im Großvater-Bereich angekommen sein, stimmlich aber präsentiert sich der 54-Jährige so top fit wie der Rest seiner Band. Schon als drittes gibt es das unzerstörbare "Fuck You" zu hören, und ein armer Teufel mit vier Bierbechern kann nur noch die kläglichen Reste an die Umstehenden verschenken, bevor auch die im Mosh-Pit auf den Lederjacken und Hoodies der umherfliegenden Körper landen. Es ist eng, heiß und schwitzig, und wer sich angesichts von Meilensteinen wie "No Control", "Do What You Want" oder "Generator" nicht nochmal wie zornige 14 Jahre fühlt, macht eindeutig etwas falsch.

Wie sollen NOFX das toppen? Mit schnodderigem Ton, anzüglichen Sprüchen und ihrem angenehm schmuddeligen High-Speed-Punk. Klassiker wie "72 Hookers" mischen sich mit neueren Hits wie "Six Years On Dope", zu "Lori Meyers" kommen nochmal die Bombpops-Damen als gesangliche Unterstützung auf die Bühne, und bei "Stickin' In My Eye" brüllen tausende Leute das "Oi! Oi! Oi!" mit. Und nach dem emotionalen "I'm So Sorry Tony" für den verstorbenen Tony Sly von No Use For A Name beschließt "Kill All The White Man" stimmig ein Festival, das eindrücklich bewiesen hat: Punk altert kraftvoll.

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